Brief für Steuerpflichtige im Privatbereich April 2014
Vermietung und Verpachtung: Zur Behandlung einer Vergleichszahlung nach Verletzung eines Gebrauchsmusters
Kernproblem
Zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören auch Einnahmen aus zeitlich begrenzter Überlassung von Rechten, insbesondere von schriftstellerischen, künstlerischen oder gewerblichen Urheberrechten und Erfahrungen. Ob die Entschädigungszahlung für eine widerrechtliche Nutzung eines Gebrauchsmusters auch eine ertragsteuerlich nicht steuerbare Zahlung für Schadensersatz darstellen kann, hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden.
Sachverhalt
Die Ehefrau von zusammenveranlagten Ehegatten besaß ein geschütztes Gebrauchsmuster für eine "Tragevorrichtung zum Ankoppeln an Fahrzeugen". Die ausschließliche Lizenz hieran übertrug sie im Jahr 1999 an ihren Ehemann, der dann auch später im Jahr 2005 das Gebrauchsmuster erwarb. Eine niederländische Firma hatte nach Auffassung der Eheleute über Jahre hinweg gegen das Recht verstoßen und Heckträger produziert. Nach langjährigen Rechtsstreitigkeiten wurde im Jahr 2008 wegen der Verletzung von Rechten aus dem Gebrauchsmuster ein Vergleich geschlossen. Die in den Jahren 2008 und 2009 zugeflossenen Vergleichszahlungen behandelte das Finanzamt als steuerpflichtigen Ersatz für entgangene Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Hiergegen klagten die Eheleute vor dem FG, weil es sich bei den Zahlungen um Schadensersatz für die Verletzung von Persönlichkeitsrechten oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen handele. Dafür sprach nach deren Ansicht auch, dass die Vergleichszahlung wesentlich höher war, als mögliche Lizenzentgelte.
Entscheidung
Das FG folgte der Ansicht des Finanzamts. Der Senat konnte nicht feststellen, dass die Zahlungen unabhängig von der Gebrauchsmusterverletzung allein oder auch wegen einer Persönlichkeitsverletzung beziehungsweise Gesundheitsbeeinträchtigung vereinbart wurden. Die vergleichsweise gezahlten Beträge standen damit nach Auffassung des FG in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den durch die widerrechtliche Lizenznutzung entgangenen Einnahmen. Daher war für die Richter auch unerheblich, dass sich nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ein anderer Vergleichsbetrag ergeben hätte oder dieser, wie behauptet, ohne Einkunftserzielungsabsicht erlangt wurde.
Konsequenz
Entscheidungserheblich dürfte gewesen sein, dass der Vergleich keine Regelungen zu nicht steuerbaren Bestandteilen der Ausgleichszahlung enthielt. Die Revision wurde jedoch zugelassen und ist bereits beim Bundesfinanzhof anhängig.
Freiwillige Feuerwehren in Hamburg: Besteuerung von Einnahmen aus Festen
Kernaussage
Steuersubjekt ist diejenige natürliche Person, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse (z. B. Stiftung), die den Tatbestand erfüllt, an den ein bestimmtes Steuergesetz die Steuerpflicht knüpft. Schwierig sind dabei die Fälle, in denen ein Steuersubjekt nicht bewusst, sondern stillschweigend begründet worden ist.
Sachverhalt
Die Freiwillige Feuerwehr hat in den Streitjahren jeweils ein Osterfeuer veranstaltet. Der Erlös floss in die Kameradschaftskasse. Das Finanzamt hat hierin die stillschweigende Gründung eines nichtrechtsfähigen Vereins gesehen. Es hat entsprechende Steuerbescheide erlassen.
Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Hamburg gab der Klage statt und hob die Steuerbescheide auf. Die Durchführung des Osterfeuers ist als kulturelles und soziales Ereignis Bestandteil des hoheitlichen Aufgabenbereiches einer Freiwilligen Feuerwehr. Zudem existiert eine Verordnung mit der Verpflichtung, zur Pflege der Kameradschaft eine Kameradschaftskasse einzurichten.
Konsequenzen
Der Urteilstenor ist zu begrüßen. Andernfalls bergen viele Tätigkeiten die Gefahr, damit unwissentlich ein eigenständiges Steuersubjekt begründet zu haben. Das letzte Wort hat gegebenenfalls der Bundesfinanzhof.
Grunderwerbsteuerrecht: Einheitlicher Erwerbsgegenstand
Kernaussage
Grunderwerbsteuer fällt nicht bereits an, wenn der Veräußerer eine umfangreiche Vorplanung vornimmt. Der Erwerber übernimmt dann das Grundstück nicht im bebauten oder sanierten Zustand. Hinzukommen muss für einen Grunderwerbsteueranfall, dass die auf der Veräußererseite handelnden Personen auch zur Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet sind.
Sachverhalt
Mit notariellem Kaufangebot bot eine Erbengemeinschaft ein unbebautes Grundstück an. Gemäß der Baubeschreibung eines Architekten sollte auf dem Grundstück ein Wohngebäude entstehen. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der der Kläger beteiligt ist, kaufte das Grundstück. Das Finanzamt (FA) gelangte auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen zu der Auffassung, die Verträge zur Errichtung des Wohnhauses stünden im Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag und seien daher als sogenanntes einheitliches Vertragswerk zu beurteilen. Dementsprechend setzte das FA die Grunderwerbsteuer für den Kläger unter Einbeziehung seines Anteils an den Baukosten auf 3.790 EUR fest, wobei nur 286 EUR auf das unbebaute Grundstück entfielen. Hiergegen klagte der Kläger erfolglos vor dem Finanzgericht (FG). Anschließend ging er in Revision zum Bundesfinanzhof (BFH).
Entscheidung
Der BFH gab der Klage statt. Zu Unrecht sind FA und FG davon ausgegangen, dass die anteiligen Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind. Es fehlt die dafür erforderliche Verpflichtung der Veräußererseite, das Grundstück körperlich zu verändern. Ergibt sich aus Vereinbarungen, die mit dem Grundstückskauf in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand. Ein solcher einheitlicher Erwerbstatbestand ist auch gegeben, wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen aufgrund eines abgestimmten Verhaltens auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken und diese zur Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet sind, woran es hier aber fehlt.
Konsequenz
Die Finanzämter konstruieren bei engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang gerne ein sogenanntes einheitliches Vertragswerk. Hier sollte zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer exakt darauf geachtet werden, dass keine Verpflichtung der Veräußerer besteht.
Zur Änderung einer Anrechnungsverfügung
Kernaussage
Werden durch einen die Festsetzung der Einkommensteuer ändernden Steuerbescheid die Einkünfte in abweichender Weise erfasst und führt diese Änderung zu einer entsprechenden Änderung der gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die Einkommensteuer anzurechnenden Beträge, ist die erforderliche Berichtigung einer früheren Anrechnungsverfügung durch eine neue mit dem Steueränderungsbescheid verbundene Anrechnungsverfügung oder einen Abrechnungsbescheid innerhalb der 5-jährigen Zahlungsverjährungsfrist vorzunehmen, die insoweit durch die Bekanntgabe des Steueränderungsbescheids in Lauf gesetzt wird.
Sachverhalt
Nach einem im Jahr 2002 von dem für die X-GmbH & Co KG (KG) zuständigen (Feststellungs-)Finanzamt (Feststellungs-FA) erlassenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen hatte die Klägerin im Veranlagungszeitraum 2001 aus einer Beteiligung an der KG gewerbliche Einkünfte erzielt; zugleich wurden auf die festzusetzende Steuer anzurechnende Steuerabzugsbeträge (Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag) sowie anrechenbare Körperschaftsteuer festgestellt. In der mit dem Steuerbescheid für 2001 verbundenen Anrechnungsverfügung berücksichtigte das Finanzamt (FA) u. a. diese Beträge. In 2006 erhielt das FA eine geänderte Mitteilung über die Besteuerungsgrundlagen 2001 vom Feststellungs-FA. Nach Berücksichtigung dieser Änderungen im Steuerbescheid der Klägerin stellte sich heraus, dass irrtümlich die Steuerabzugsbeträge und die Körperschaftssteuer nicht berücksichtigt worden waren. Daraufhin änderte das FA die Anrechnungsverfügung. Hiergegen klagte die Klägerin erfolglos vor dem Finanzgericht und ging in Revision.
Entscheidung
Die Revision vor dem Bundesfinanzhof blieb erfolglos. Zutreffend hat das FA die Anrechnungsverfügung geändert. Der Änderung der Anrechnungsverfügung steht keine Zahlungsverjährung entgegen. Die dem FA mitgeteilte Änderung der Besteuerungsgrundlagen durch das Feststellungs-FA hat das FA innerhalb der Festsetzungsfrist umgesetzt. Auf die danach erforderliche Änderung auch der mit dem Steuerbescheid verbundenen Anrechnungsverfügung findet die Festsetzungs-Verjährungsvorschrift keine Anwendung, weil die Anrechnungsverfügung ein Verwaltungsakt im Steuererhebungsverfahren ist, in dem es nur die 5-jährige Frist der Zahlungsverjährung gibt. Diese Verjährungsfrist war nicht abgelaufen, als das FA die berichtigte Anrechnungsverfügung erließ.
Konsequenz
Zutreffend konnte hier noch eine Änderung erfolgen, da dem Steuerbescheid eine dem Grundlagenbescheid vergleichbare Wirkung für Anrechnungsverfügungen zukommt und für diese die 5-jährige Zahlungsverjährungsfrist gilt.
BGH: Elternunterhalt auch bei Kontaktabbruch
Kernaussage
In gerader Linie verwandte Personen schulden einander gesetzlich Unterhalt. Der klassische Fall ist der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen die Eltern. Aber auch die Eltern haben einen Anspruch auf Unterhalt, der in Zeiten längerer Lebenserwartung und steigender Pflegekosten zunehmend an Bedeutung erlangt. Denn, wenn die Eltern die Kosten ihrer Pflege nicht mehr selber aufbringen können und der Sozialleistungsträger einspringen muss, kann dieser einen Anspruch auf Elternunterhalt auf sich überleiten und gegenüber dem Kind in Abhängigkeit von dessen Leistungsfähigkeit geltend machen. Bisher verhielt es sich dabei so, dass die Instanzgerichte den Unterhaltsanspruch aber verwarfen, wenn das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern durch das Verhalten der Eltern zerrüttet war. Dieser Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt einen Riegel vorgeschoben.
Sachverhalt
Der Sozialleistungsträger des Landes Bremen hatte einen Elternunterhaltsanspruch auf sich übergeleitet und gegenüber dem Kind geltend gemacht. Das Kind hatte gegen den Anspruch eingewendet, dass der Vater den Kontakt zum damals 17jährigen Kind vor 43 Jahren abgebrochen, das Kind enterbt und nur noch abfällig über das Kind geredet habe.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof ließ dieses Verhalten des Vaters nicht mehr ausreichen, um den Elternunterhaltsanspruch als verwirkt anzusehen. Maßgeblich sei nicht, dass der Vater durch sein jahrzehntelanges Verhalten für die Zerrüttung der Familie gesorgt habe. Jedenfalls in der Lebensphase bis zum 18. Lebensjahr, die eine besonders intensive, elterliche Betreuung erfordere, habe der Vater im Wesentlichen seinen Elternpflichten genügt. Daher könne der Elternunterhaltsanspruch nicht verwirkt sein.
Konsequenz
Die Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen. Im Ergebnis wird man davon ausgehen müssen, dass der Elternunterhalt - abgesehen von ganz krassen Ausnahmefällen - unabhängig von den familiären Verhältnissen nicht verwirkt wird. Dies kann gegebenenfalls sogar solche Fälle betreffen, in denen sich in der Vergangenheit auf die bisherige Rechtsprechung zurückbezogen werden konnte.
Grunderwerbsteuer bei Grundstücksschenkung unter Auflage
Kernaussage
Die schenkungsteuerliche Begrenzung des Jahreswerts einer Nutzung findet für Zwecke der Grunderwerbsteuer keine Anwendung. Auflagen, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, müssen grunderwerbsteuerlich folglich nicht nach übereinstimmenden Maßstäben des Schenkungsteuergesetzes berechnet werden.
Sachverhalt
Die Klägerin überließ dem B ein Wohngrundstück, der ihr ein unentgeltliches lebenslängliches Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht einräumte. Der Jahreswert des Wohnungsrechts wurde mit 9.000 EUR beziffert. Bei der Bemessung der Schenkungsteuer wurden das Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht unter Berücksichtigung des für schenkungsteuerliche Zwecke geltenden Maximaljahreswerts einer Nutzung mit 98.110 EUR erwerbsmindernd berücksichtigt. Das Finanzamt ermittelte als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer indes einen Wert von 109.170 EUR (9.000 EUR x 12,130) und berücksichtigte dabei gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 2 Bewertungsgesetz (BewG) nicht die Begrenzung des Jahreswerts nach § 16 BewG. Der hiergegen eingereichten Klage folgte das Finanzgericht mit der Begründung, bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer sei der Kapitalwert nur in der Höhe zu berücksichtigen, in der er bei der Schenkungssteuer bereicherungsmindernd abgezogen würde (98.110 EUR). Hiergegen legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof ein.
Entscheidung
Im Revisionsverfahren folgten die Richter der Argumentation des Finanzamtes. Bei einer Schenkung unter Nutzungs- oder Duldungsauflagen unterliegt die Auflage mit ihrem Wert der Grunderwerbsteuer. Dieser Wert ermittele sich nach §§ 14 und 15 BewG. Die schenkungsteuerliche Beschränkung des Jahreswerts gemäß § 16 BewG sei für Zwecke der Grunderwerbsteuer nicht anwendbar. Die Festsetzung der Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer habe somit grundsätzlich unabhängig voneinander zu erfolgen.
Konsequenz
Die Entscheidung steht im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 BewG findet § 16 BewG auf die Grunderwerbsteuer keine Anwendung. Sie betrifft jedoch nur Fälle, in denen keine sonstige Grunderwerbsteuerbefreiung eintritt. Die Einräumung von Nutzungsrechten durch den Ehegatten oder den eingetragenen Lebenspartner des Übertragenden sowie Einräumungen an Verwandte in gerader Linie unterliegen beispielsweise nicht der Grunderwerbsteuer.
Sogenanntes "Treaty override" bei ausländischen Mitunternehmern - Verstoß gegen Verfassungsrecht?
Kernaussage
Der Bundesfinanzhof (BFH) ist der Auffassung, dass die Regelungen in § 50d Abs. 10 EStG gegen Völkerrecht verstoßen und deshalb wegen der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes auch gegen Verfassungsrecht. Er legt dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) daher die Frage vor, ob der Gesetzgeber durch ein sogenanntes Treaty override gegen Verfassungsrecht verstößt.
Sachverhalt
Strittig war die Besteuerung von Zinseinkünften eines italienischen Staatsbürgers, der atypisch still an einer deutschen GmbH & Co. KG beteiligt war. Während der Kläger Art. 11 des DBA Italien - und damit eine alleinige Besteuerung der Zinseinkünfte im Ansässigkeitsstaat - durchsetzten wollte, ging das Finanzamt davon aus, dass die Zinsen über § 50d Abs. 10 EStG als gewerbliche Einkünfte in Deutschland zu versteuern waren.
Ansicht des BFH
Der BFH führt zunächst aus, dass die Zinsen nach § 49 Abs. 1 Nr. 2a) EStG grundsätzlich in Deutschland zu besteuern sind. Die Darlehensforderung sei in diesem Zusammenhang der Betriebsstätte der deutschen GmbH & Co. KG zuzurechnen. Betriebsstättenlose Einkünfte aus Gewerbebetrieb kann es nach Ansicht des BFH nicht geben. Er verweist hierbei auf die Neuregelung durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRUmsG), wonach die Zuordnung bei der Betriebsstätte erfolge, bei der die Vergütungen für den Gesellschafter in Abzug gebracht worden sind. Gleichwohl hält der I. Senat die Regelung in § 50d Abs. 10 EStG für verfassungswidrig. Er begründet dies mit einem Verstoß gegen Völkerrecht, welcher ohne tragfähige Gründe erfolge und den Kläger damit in seinem subjektiven Grundrecht auf die Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung verletzte. Kritisch gesehen wird dabei insbesondere Folgendes: Durch die einseitige Umqualifizierung kommt es gegebenenfalls zu einer Doppelbesteuerung, weil der ausländische Staat die betreffenden Einkunftsquellen in vollem Umfang besteuert, ohne dass es zu einer Anrechnung der deutschen Steuer kommt. Durch die rückwirkende Anwendung der mit dem AmtshilfeRUmsG geänderten Regelungen kommt es zu einem Verstoß gegen das Rückwirkungsprinzip.
Konsequenzen
Der seit Jahren schwelende Streit zwischen Rechtsprechung und Finanzverwaltung beziehungsweise Gesetzgeber wird nun auch für gewerbliche Einkünfte vor dem BVerfG ausgetragen. Steuerpflichtige sollten entsprechende Steuerbescheide offenhalten.
Abfindung: Zusammenballung von Einkünften (Einkommensteuer)
Kernproblem
Für außerordentliche Einkünfte kann ein ermäßigter Steuersatz bei Bemessung der Einkommensteuer in Betracht kommen. Werden an einen Arbeitnehmer Abfindungen gezahlt, wird in ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich dann eine Außerordentlichkeit bejaht, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Das ist dann der Fall, wenn die Abfindung in einem Veranlagungsjahr gezahlt wird und die entgehenden Einnahmen übersteigt. Erhält der Arbeitnehmer weniger oder ebenso viel, wie er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte, besteht nach Auffassung des BFH für eine Ermäßigung des Steuersatzes kein Anlass. Ob bei dieser Betrachtung immer nur Vorjahre heranzuziehen sind oder inwieweit sich außergewöhnliche Ereignisse bei der Prognose auswirken, war Streitgegenstand beim Niedersächsischen Finanzgericht (FG).
Sachverhalt
Ein Arbeitnehmer erkrankte im November 2010 dauerhaft und erhielt bis zum Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente im April 2012 Krankengeld. Im Mai 2011 kündigte sein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen. Vor dem Arbeitsgericht einigte man sich auf eine Abfindung von 50.000 EUR, die im Jahr 2012 zusammen mit noch nicht abgerechneten Reisekosten von 5.166 EUR ausbezahlt wurde. Daneben wurden Kranken- und Arbeitslosengelder von 29.826 EUR vereinnahmt. Das Finanzamt lehnte eine Steuerermäßigung ab, weil der Arbeitnehmer in den 3 Jahren vor der Krankheit Einkünfte von durchschnittlich 96.155 EUR bezog und die Abfindung damit nach Auffassung der Verwaltung keinen Progressionsnachteil nach sich zog. Der Arbeitnehmer sah die Prognose des Finanzamts aufgrund seiner Krankheit als realitätsfern an und klagte vor dem FG.
Entscheidung
Die Finanzrichter gewährten die Steuerermäßigung. Für die Vergleichsbetrachtung der Einkünfte sei maßgebend, was sich bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses voraussichtlich ergeben hätte. Hierfür orientiere sich der BFH zwar grundsätzlich an dem Vorjahr. Dies gelte aber nur, solange die Verhältnisse des Vorjahres auch diejenigen des Folgejahres mit großer Wahrscheinlichkeit abbilden würden. Dagegen seien außergewöhnliche Ereignisse bei der Prognose zu berücksichtigen. Diesen Grundsatz habe auch das Bundesfinanzministerium in seinem aktuellen BMF-Schreiben zu Entlassungsentschädigungen aufgenommen. Folglich seien die Erkrankung des Steuerpflichtigen und darauf beruhende niedrigere Einkünfte zu berücksichtigen.
Konsequenz
Obwohl das FG die Revision zugelassen hatte, ist das Urteil rechtskräftig geworden. Das lässt eine allgemeine Anwendung durch die Verwaltung vermuten.
Immobilienfonds: Zur Anrechnung von Steuervorteilen auf den Schadensersatzanspruch eines Anlegers
Kernaussage
Auf einen Schadensersatzanspruch eines Anlegers gegen die Gründungsgesellschafter eines Immobilienfonds sind Steuervorteile des Anlegers, die sich aus der Berücksichtigung von Werbungskosten ergeben, grundsätzlich nicht schadensmindernd anzurechnen, weil die Ersatzleistung im Umfang der zuvor geltend gemachten Werbungskosten zu versteuern ist. Das gilt auch für Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz.
Sachverhalt
Der Kläger verlangt Schadensersatz aus Prospekthaftung. Er beteiligte sich im Jahr 1997 an dem geschlossenen Immobilienfonds D-GmbH & Co. KG. Vor dem Landgericht gewann der Kläger mit seiner Schadensersatzklage wegen Prospektmängeln, ihm wurden 34.000 EUR zugesprochen. In der Berufung erhöhte das Oberlandesgericht den Schadensersatz auf 40.000 EUR, da es mit der Beteiligung verbundene Steuervorteile nach dem Fördergebietsgesetz nicht schadensmindernd anrechnete. Hiergegen ging die Beklagte in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH).
Entscheidung
Die Revision blieb erfolglos. Im Rahmen der Schadensberechnung sind vorteilhafte Umstände, die mit dem schädigenden Ereignis in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, zu berücksichtigen, soweit ihre Anrechnung dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes entspricht und weder den Geschädigten unzumutbar belastet noch den Schädiger unbillig entlastet. Nach der Rechtsprechung des BGH scheidet aber im Rahmen der Schätzung des Schadens eine Vorteilsanrechnung bezogen auf Steuervorteile grundsätzlich dann aus, wenn die entsprechende Schadensersatzleistung ihrerseits der Besteuerung unterworfen ist. Hierauf beruft sich die Revision aber nicht. Sie meint vielmehr, dass der Kläger die Schadensersatzleistung der Beklagten im Umfang der hier streitigen Werbungskosten bereits grundsätzlich nicht zu versteuern habe, weshalb sie anzurechnen sei. Dies stimmt jedoch nicht, da hier die die Werbungskosten beziehungsweise Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz ersetzenden Erstattungsbeiträge im Zuflussjahr zu versteuern sind, nämlich als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Konsequenz
Die Entscheidung zeigt 2 Dinge: Zum einen sind auch Schadensersatzleistungen für Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz zu versteuern und dürfen deshalb nicht schadensmindernd berücksichtigt werden. Zum anderen gilt allgemein der Grundsatz, dass nur dann Steuervorteile auf den Schadensersatzanspruch angerechnet werden dürfen, wenn sie tatsächlich eintreten und mit dem Zweck des Ersatzanspruchs deckungsgleich sind.
Zur Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer
Kernaussage
Obsiegt der Kläger ausschließlich aufgrund der überlangen Verfahrensdauer, weil eine zu Gunsten des Klägers wirkende Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu einem Zeitpunkt, in dem das Verfahren bereits verzögert war, eingetreten ist, hat der Kläger keinen "Nachteil" erlitten. Er kann dann keine Geldentschädigung beanspruchen.
Sachverhalt
Der Kläger gab in seiner Steuererklärung für das Jahr 2004 außergewöhnliche Belastungen in Form von Kosten für einen zivilgerichtlichen Rechtsstreit an. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Kosten ab. Im Jahr 2005 erhob der Kläger Klage beim Finanzgericht (FG). Im Jahr 2010 wurde diese abgewiesen. Zur Begründung wurde die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) angeführt, nach der bei Zivilprozesskosten eine Vermutung gegen die - bei außergewöhnlichen Belastungen erforderliche - Zwangsläufigkeit spreche. Nach Aufhebung des Urteils durch den BFH und Zurückverweisung an das FG, wurde die Klage im April 2011 erneut abgewiesen. Nach erneuter Beschwerde obsiegte der Kläger vor dem BFH im Februar 2012. Der Kläger erhob daraufhin Entschädigungsklage wegen überlanger Verfahrensdauer.
Entscheidung
Die Entschädigungsklage blieb erfolglos. Die überlange Verfahrensdauer hat dem Kläger gewichtige Vorteile verschafft. Die Vermutung, dass bei einer überlangen Verfahrensdauer ein Nachteil entstehe, ist widerlegt. Der Kläger hat den Rechtsstreit gerade deshalb gewonnen, weil er so lange gedauert hat. Die Rechtsprechungsänderung erging erst im Jahr 2011. Wäre das Verfahren in angemessener Zeit beendet worden, wäre die Klageabweisung - zu Ungunsten des Klägers - bei der Rechtsprechungsänderung bereits rechtskräftig gewesen. Der Nachteil der überlangen Verfahrensdauer ist damit ausnahmsweise durch die dem Kläger zu Gute kommende Rechtsprechungsänderung kompensiert. Zwar kann theoretisch nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger bei einer früheren Entscheidung des FG seinerseits die Rechtsprechungsänderung herbeigeführt hätte, dies stellt aber eine nicht belegbare Hypothese dar.
Konsequenz
Nach der Gesetzesänderung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG sind Zivilprozesskosten ab dem Jahr 2013 grundsätzlich nicht mehr abziehbar. Für die Vorjahre kann sich jedoch bei erfolgter Geltendmachung der Zivilprozesskosten auf die Rechtsprechungsänderung berufen werden. Die Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer kommt hier nicht in Frage, da - auch wenn der erste Rechtszug schon fast 5 Jahre dauerte - erst dadurch der Kläger obsiegte.
Ablauf der Festsetzungsfrist: Hemmung durch Antrag des Steuerpflichtigen
Kernaussage
Soll der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO gehemmt werden, ist ein Antrag des von der Steuerfestsetzung betroffenen Steuerpflichtigen notwendig. Im Fall der Änderung eines Grundlagenbescheids wird der Ablauf der 2-Jahres-Frist für die Anpassung des Folgebescheids nur dann gehemmt, wenn der von dem Folgebescheid betroffene Steuerpflichtige selbst die Änderung des Folgebescheids vor Ablauf der Frist beantragt.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die an der A-Aktiengesellschaft (AG) beteiligt ist, die wiederum an der R-AG beteiligt ist. Das Finanzamt (FA) setzte gegen die Klägerin Vermögenssteuer fest und berücksichtigte dabei die Anteile an der A-AG. Aufgrund einer Klage der R-AG im Jahr 1999 änderte das FA den gemeinen Wert der Anteile der R-AG. In der Folge wurde auch ein geänderter Feststellungsbescheid über den Wert der Anteile der A-AG erlassen, nicht jedoch eine Folgeanpassung bei der Klägerin. Die Klägerin beantragte 2008 beim FA im Vermögenssteuerbescheid die Änderungen aus dem gegenüber der R-AG ergangenen Urteil umzusetzen. Das FA lehnte den Antrag ab, weil Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Einspruch und Klage hiergegen blieben ohne Erfolg.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof bestätigte in der Revision die Entscheidung des Finanzgerichts. Soll der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO gehemmt werden, ist ein Antrag des von der Steuerfestsetzung betroffenen Steuerpflichtigen notwendig. Im Fall der Änderung eines Grundlagenbescheids wird der Ablauf der 2-Jahres-Frist für die Anpassung des Folgebescheids nur dann gehemmt, wenn der von dem Folgebescheid betroffene Steuerpflichtige selbst die Änderung des Folgebescheids vor Ablauf der Frist beantragt. Vorliegend fehlte es an einem entsprechenden Antrag. Ein im Verfahren über einen Grundlagenbescheid gestellter Antrag auf Änderung der gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen kann nicht dahin ausgelegt werden, dass damit zugleich die Änderung sämtlicher Folgebescheide zugunsten der jeweiligen Steuerpflichtigen beantragt wird.
Konsequenz
Die Vermögenssteuer ist Geschichte. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist an der Entscheidung jedoch interessant, dass es, auch wenn das FA hier seiner Anpassungspflicht des Folgebescheids an einen geänderten Grundlagenbescheid nicht nachgekommen ist, bei der 2-jährigen Antragspflicht des Steuerpflichtigen verbleibt.
Bei grobem Verstoß gegen § 242 BGB keine Berufung auf Verjährung (Steuerberaterhaftung)
Kernaussage
Hat ein Steuerberater durch Übersendung einer Abschrift eines auftragswidrig nicht eingelegten Einspruchs den Anschein erweckt, der Bescheid sei nicht in Bestandskraft erwachsen, kann er sich bis zur Aufdeckung seines Fehlers und des eingetretenen Schadens auch dann nicht auf die eingetretene Verjährung des gegen ihn gerichteten Haftungsanspruchs berufen, wenn ihm ein vorsätzliches Handeln nicht nachgewiesen werden kann.
Sachverhalt
Die Kläger beauftragten die Beklagte, Einspruch gegen einen Feststellungsbescheid einzulegen, mit dem das Finanzamt (FA) einen Gewinn aufgrund einer Grundstücksveräußerung festgesetzt hatte. Die Kläger erhielten eine Abschrift des Einspruchs. Mangels Versendung durch die Beklagte ging der Einspruch nicht beim FA ein und das FA setzte die Einkommensteuer fest. Im Juli 2003 teilte die Beklagte dann den Klägern mit, der Feststellungsbescheid sei nach einem Schreiben des Ministeriums vorläufig; bei einer günstigen Entscheidung des Verfassungsgerichts über das Steuerentlastungsgesetz werde er aufgehoben. Die Beklagte beantragte dann gegen die Einkommensteuerbescheide die Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks. Diesen lehnte das FA ab, da gegen den Feststellungsbescheid kein Einspruch eingelegt war. Hierüber informierte die Beklagte die Kläger nicht. Im Juli 2010 erklärte das Verfassungsgericht das Steuerentlastungsgesetz im maßgeblichen Punkt für verfassungswidrig. Im Jahr 2011 klagten die Kläger auf Schadensersatz. Das Landgericht und das Oberlandesgericht wiesen die Klage ab, worauf die Kläger in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) gingen.
Entscheidung
Vor dem BGH hatten die Kläger Erfolg. Die Beklagte kann sich nicht auf Verjährung berufen. Die Vorgerichte hatten Verjährung angenommen, da seit Anspruchsentstehung 10 Jahre vergangen waren und damit die damals geltende 3-jährige Verjährung ab Anspruchsentstehung als auch die weitere Verjährungsfrist für Sekundäransprüche abgelaufen waren. Nach dem BGH kann sich die Beklagte allerdings aus Treu und Glauben nicht auf Verjährung berufen. Denn auch ohne Arglist kann die Berufung auf die Verjährung rechtsmissbräuchlich sein, wenn objektiv ein besonders grober Verstoß vorliegt. Dieser lag hier in der Nichteinlegung des Einspruchs und zusätzlich darin, dass die Beklagte später die Kläger bestärkte, dass der Bescheid nur vorläufig sei, was nicht stimmte.
Konsequenz
Der BGH erschwert durch die Entscheidung das Berufen auf die Verjährung bei Steuerberaterhaftung. Es reicht ein unabsichtlicher, objektiv schwererer Verstoß. Zu achten ist jedoch darauf, dass der Anspruch zeitnah nach dem Erkennen geltend gemacht werden muss, da er eine Ausnahme von der Verjährung darstellt.
Nicht absetzbar: Spende an den Papst
Kernproblem
Eine Spende ist nach deutschem Recht nur dann steuerlich abziehbar, wenn der Spendenempfänger eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle ist, die in einem Mitgliedsstaat der EU oder in einem EWR-Staat gelegen ist. Wie genau das genommen werden muss, erfuhr eine Steuerberatungs-GmbH, deren Geschäftsführer persönlich an das Oberhaupt der katholischen Kirche spendete.
Sachverhalt
Der Geschäftsführer einer Steuerberatungs-GmbH hatte im Jahr 2007 anlässlich einer Generalaudienz dem Papst Benedikt XVI. persönlich einen Scheck über 50.000 EUR übergeben, der zu Gunsten der Vatikanbank eingelöst wurde. Hierfür erhielt die GmbH eine Spendenbescheinigung (nicht nach amtlich vorgeschriebenen Muster), die als Aussteller den "Staatssekretär seiner Heiligkeit" und als Ausstellungsort den Vatikan auswies. Die Spende sollte osteuropäischen Jugendlichen die Teilnahme am Weltjugendtag 2008 in Sydney ermöglichen, was auch entsprechend bescheinigt wurde. Das Finanzamt lehnte bei der Körperschaftsteuer-Veranlagung den beantragten Spendenabzug ab, weil es nicht die katholische Kirche Deutschland, sondern den Vatikanstaat als Empfänger der Zuwendung ansah. Hiergegen klagte die GmbH vor dem Finanzgericht (FG) Köln.
Entscheidung
Das FG Köln wies die Klage ab und folgte nicht dem Argument der Steuerberatungs-GmbH, wonach eine deutsche Untergliederung der katholischen Kirche als Spendenempfänger anzusehen sei. Der Spendenabzug setze die Zahlung an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle, die in einem Mitgliedsstaat der EU oder in einem EWR-Staat gelegen ist, voraus. Das sei bei einer Spende unmittelbar an den Papst nicht der Fall. Denn als Empfänger der Zuwendung kämen nur der Heilige Stuhl, der Vatikanstaat oder die katholische Weltkirche in Betracht, die allesamt im Vatikan ansässig seien. Der Vatikan gehöre aber weder der EU noch dem Europäischen Wirtschaftsraum an. Die Versagung des Spendenabzugs verstoße auch nicht gegen die europarechtliche Regelung zur Kapitalverkehrssteuerfreiheit.
Konsequenz
Wer vermutet hat, die Spende an den Papst sei der sicherste Weg für einen Steuervorteil, der sieht sich getäuscht. Die Richter lehnten auch den Betriebsausgabenabzug ab, der hier hilfsweise - offensichtlich wegen einer Verbindung zum Mandantenstamm - beantragt wurde. Die mit der Spende verbundene Hoffnung auf eine spätere Mandatierung durch deutsche Einrichtungen könne nur ein klassischer betrieblicher Nebenanlass sein, meinte das FG Köln. Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde jedoch die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen.
Zur Gemeinnützigkeit von Turnierbridge
Kernproblem
Die Förderung des Sports (Schach gilt als Sport) ist eine gemeinnützige Tätigkeit. Aufgrund der vielfältigen steuerlichen Privilegien für gemeinnützige Organisationen ist es bedeutsam, ob beispielsweise Turnierbridge unter den Begriff des Sports im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechts zu subsumieren ist.
Sachverhalt
Ein eingetragener Verein ist Dachverband deutscher Bridge-Vereine. Seine Aufgaben sind die Vertretung der Interessen des deutschen Sports auf nationaler und internationaler Ebene, die Organisation und Reglementierung des nationalen und internationalen Sportbetriebs, die Veranstaltung von Wettbewerben, die Öffentlichkeitsarbeit, das Unterrichts- und Turnierwesen sowie die Verwaltung von Mitgliedsdaten. Fraglich ist, ob hiermit gemeinnützige Zwecke verfolgt werden.
Entscheidung
Nach Ansicht des Finanzgerichts Köln fördert der Verein nicht den Sport. Turnierbridge fällt nicht unter den abschließenden Katalog des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - 25 AO. Nach der Öffnungsklausel des § 52 Abs. 2 Satz 2 AO kann ein Zweck für gemeinnützig erklärt werden, wenn die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend selbstlos gefördert wird. Dies ist nach Ansicht der Richter gegeben, da Turnierbridge erhebliche Ähnlichkeiten zum Schachsport aufweist.
Konsequenzen
Die Anwendung der Öffnungsklausel ist bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt. Verfahrensrechtlich ist zudem ungeklärt, ob es sich um ein verwaltungsaktähnliches Verfahren oder um eine Ermessensregelung handelt. Insoweit bleibt die Entscheidung des Bundesfinanzhofs abzuwarten.
Treaty override bei Einkünften von Piloten
Kernaussage
In Deutschland ansässige Piloten, die für ausländische Fluggesellschaften tätig sind, werden mit den hieraus bezogenen Vergütungen regelmäßig (bei Eingreifen einer Sonderregelung wie in Art. 15 Abs. 3 OECD-MA) im Ausland (hier Irland) besteuert. Soweit die Besteuerung im Quellenstaat nicht vollumfänglich erfolgt, kommt es trotz § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG nicht zu einem Rückfall des Besteuerungsrechts an Deutschland.
Sachverhalt
Strittig war die Besteuerung eines in Deutschland ansässigen Piloten einer irischen Fluggesellschaft. Die Besteuerung seiner Vergütungen erfolgte zunächst gemäß XII Abs. 3 DBA ausschließlich in Irland. Nachdem die Besteuerung in Irland nochmals zu seinen Gunsten dahingehend geändert worden war, dass nur der auf Territorium Irlands entfallende Teil seiner Vergütungen besteuert wurde, sah das Finanzamt die Möglichkeit, § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG anzuwenden. Das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof (BFH) traten dieser Ansicht entgegen.
Entscheidung
Der BFH lehnte eine Anwendung von § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG ab, weil die Vorschrift bereits dann nicht mehr angewendet werden kann, wenn der ausländische Staat überhaupt eine Besteuerung der Einkünfte vornimmt. In welchem Umfang die Besteuerung erfolgt, ist nicht entscheidend. Da der Steuerpflichtige darlegen konnte, dass es zu einer Quellenbesteuerung in Irland gekommen ist, war § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG nicht anwendbar. Ebenso wenig ließ sich eine Besteuerung nach § 50d Abs. 8 EStG rechtfertigen. Wie der BFH ausdrücklich betont, reicht es auch insoweit aus, dass der Steuerpflichtige entweder den Verzicht des ausländischen Staates auf eine Besteuerung oder deren tatsächliche Entrichtung nachweist.
Konsequenzen
Sobald eine Besteuerung im Ausland erfolgt, greift die Regelung in § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG nicht. Der BFH widerspricht damit der von der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsansicht im BMF-Schreiben vom 12.11.2008 (BStBl 2008 I S. 988).
Insolvenzverfahren: Einstellung bei Restschuldbefreiung wegen Wegfall des Eröffnungsgrunds?
Kernaussage
Wird dem Schuldner nach Abschluss der Wohlverhaltensphase Restschuldbefreiung erteilt, wandeln sich die Insolvenzforderungen zu unvollkommenen Verbindlichkeiten, d. h. sie sind weiterhin erfüllbar, aber deren Durchsetzbarkeit ist nicht mehr erzwingbar. Bei noch laufendem Insolvenzverfahren begründet die Restschuldbefreiung nicht die Möglichkeit das Insolvenzverfahren wegen Wegfall des Eröffnungsgrunds einzustellen. Zwar entfällt der Insolvenzbeschlag für den Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Wohlverhaltensphase. Hinsichtlich des zuvor in die Masse gefallenen Vermögens ist jedoch das Insolvenzverfahren zu Ende zu führen.
Sachverhalt
Mit Beschluss von Mai 2004 wurde über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zum Insolvenzverwalter bestellt. Entsprechend der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 3.12.2009 erlangte der Schuldner nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung rechtskräftig Restschuldbefreiung. Das Insolvenzverfahren dauerte an. Der Schuldner begehrt die Einstellung des Insolvenzverfahrens mit der Begründung, dass nach Erteilung der Restschuldbefreiung der Insolvenzeröffnungsgrund weggefallen sei. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde blieb erfolglos.
Entscheidung
Die Einstellung des Insolvenzverfahrens ist zwar möglich, wenn keine (drohende) Zahlungsunfähigkeit vorliegt, jedoch sind die im laufenden Insolvenzverfahren zur Tabelle angemeldeten und festgestellten Insolvenzforderungen zu berücksichtigen. Durch die Restschuldbefreiung werden die Insolvenzforderungen zu unvollkommenen Verbindlichkeiten und können somit bei der Feststellung einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit für ein nach der Restschuldbefreiung zu eröffnendes Insolvenzverfahren nicht berücksichtigt werden. Doch im laufenden Insolvenzverfahren sind sie weiterhin zu berücksichtigen. Durch die Loslösung der Erteilung der Restschuldbefreiung von dem Insolvenzverfahren sollen die Insolvenzgläubiger im laufenden Verfahren ihre Rechte nicht verlieren. Bei Einstellung des Insolvenzverfahrens würde der Schuldner nämlich das Recht zurückerlangen, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen, während die Gläubiger ihre Forderungen nicht mehr durchsetzen könnten. Hierdurch würde der Zweck des Insolvenzverfahrens, nämlich die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger, verfehlt.
Konsequenz
Unabhängig von der Erteilung einer Restschuldbefreiung ist das laufende Insolvenzverfahren fortzuführen.
Erstattungszinsen sind steuerbar
Kernaussage
Die vom Finanzamt gezahlten Zinsen aufgrund von Einkommensteuererstattungen zählen zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen und unterliegen somit der Einkommensteuer. Dies gilt auch für Jahre vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010.
Sachverhalt
Die verheirateten Kläger hatten 1995 eine zu hohe Einkommensteuernachzahlungen entrichtet, die sie neben der Einkommensteuererstattung mit Zinsen zurück gezahlt bekamen. In dem das Streitjahr 2006 betreffenden Einkommensteuerbescheid wurden Zinsen in Höhe von 118.101 EUR als Einnahmen aus Kapitalvermögen berücksichtigt. Die Kläger forderten daraufhin eine ermäßigte Besteuerung nach § 32a Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG der Erstattungszinsen, dem das Finanzamt nicht nachkam.
Entscheidung
Sowohl das FG als auch der BFH kamen der darauf folgenden Klage nicht nach. Für eine Behandlung der Erstattungszinsen als nicht steuerbar bleibe nach der Gesetzesänderung kein Raum mehr. Systematische und verfassungsrechtliche Einwände, dass gezahlte Zinsen nicht als Sonderausgabe abzugsfähig seien, wies das Gericht zurück. Erstattungszinsen gehörten daher gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 und 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Die Vorschrift gilt für alle Fälle, in denen die Steuer im Zeitpunkt der Gesetzesänderung noch nicht bestandskräftig festgesetzt war. Dies verstoße nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht gegen das Rückwirkungsverbot.
Konsequenz
Im Jahr 2010 hat der Bundesfinanzhof die Steuerbarkeit von Steuererstattungszinsen noch anders gesehen. Vorliegend folgt das Gericht nun der Sichtweise der Finanzverwaltung für sämtliche Bescheide, die im Zeitpunkt der Gesetzesänderung noch nicht bestandskräftig veranlagt waren. Da von Steuererstattungszinsen keine Abgeltungsteuer einbehalten wird, sollte im Rahmen der Erklärungserstellung nach Möglichkeit das Kontenabrufsystem der Finanzverwaltung genutzt werden, um die endgültige Steuerschuld vorab korrekt berechnen zu können.
Qualifizierter Mietspiegel: Voraussetzungen
Kernaussage
Im Falle des substantiierten Bestreitens des Vorliegens eines qualifizierten Mietspiegels, also dessen Ausrichtung an anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen, hat das Gericht über das Vorliegen der Voraussetzungen eines qualifizierten Mietspiegels Beweis zu erheben.
Sachverhalt
Die Beklagte ist Mieterin einer 3-Zimmer-Wohnung der Klägerin in Berlin, für die sie seit mindestens Mai 2006 413,17 EUR Nettokaltmiete zahlt. Im Januar 2010 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zustimmung der Erhöhung der Nettokaltmiete ab April um 52,26 EUR auf 465,43 EUR auf. Die Klägerin begründete ihr Erhöhungsverlangen unter Benennung von 6 Vergleichswohnungen und legte ebenfalls Angaben für die Wohnung nach dem Berliner Mietspiegel 2009 bei. Die Beklagte stimmte der Erhöhung der Nettokaltmiete nicht zu und wurde sodann durch die Klägerin auf Zustimmung zur Mieterhöhung in Anspruch genommen. Die Klägerin war der Auffassung, dass der Mietspiegel 2009 der Stadt Berlin nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden sei.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Entscheidungen der Vorgerichte auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Das Berufungsgericht hätte die ortsübliche Vergleichsmiete nicht allein aufgrund der einem qualifizierten Mietspiegel zugeschriebenen Vermutung feststellen dürfen. Der Tatrichter ist bei der Bestimmung der ortsüblichen Miete nicht an das Begründungsmittel des Vermieters, hier also die Vergleichswohnungen, gebunden, sondern darf auch die Daten eines ordnungsgemäßen Mietspiegels heranziehen. Ob ein Mietspiegel den Anforderungen eines qualifizierten Mietspiegels entspricht und somit die Vermutungswirkung entfaltet, muss unstreitig, offenkundig oder nachweislich sein. Zu prüfen ist dies auch, wenn der Mietspiegel als qualifizierter Mietspiegel bezeichnet oder von der Gemeinde und/oder von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter als solcher anerkannt und veröffentlicht wurde. Das Gericht muss im Falle eines substantiierten Bestreitens des Vorliegens der Voraussetzungen eines qualifizierten Mietspiegels Beweis darüber erheben, ob der Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde.
Konsequenz
Die Bezeichnung als qualifizierter Mietspiegel gibt keinen Aufschluss darüber, ob dieser tatsächlich die Anforderungen an einen solchen erfüllt.
Häusliches Arbeitszimmer: Aufteilbarkeit der Kosten (Vorlage an Großen Senat)
Kernproblem
Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) tritt nur zusammen, wenn er von einem Senat des BFH angerufen wird. Dies ist vor allem der Fall, wenn der vorlegende Senat in einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Senats abweichen will oder eine grundsätzliche Rechtsfrage zu klären ist. Der 11 Mitglieder umfassende Große Senat ist nun zur Frage der Aufteilbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer angerufen worden.
Rechtslage
Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH muss das Arbeitszimmer so gut wie ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt werden, um die Aufwendungen zumindest anteilig (bis 1.250 EUR) oder bei qualitativem Mittelpunkt auch vollständig anerkannt zu bekommen. Das lag in der Vergangenheit am streng ausgelegten Aufteilungsverbot von gemischt veranlassten Aufwendungen. Damit ist es aber nach einer bedeutenden Entscheidung des Großen Senats im Jahr 2009 vorbei, als dieser gemischt veranlasste Reisekosten zu einer Messe nach Las Vegas anteilig zum Abzug als Werbungskosten zuließ. Der BFH hatte sich damit weg von seinem früheren Aufteilungsverbot und hin zu einem Aufteilungsgebot bewegt. Dass diese Entwicklung vor den Finanzgerichten (FG)nicht Halt machen würde, konnte man bereits an einer Entscheidung des FG Köln erkennen, das sogar die Kosten einer "Arbeitsecke" im Wohnzimmer zum Abzug zuließ. Bei anderen dem BFH vorliegenden Fällen wurde ein normal eingerichtetes Arbeitszimmer nachweislich nur zu einem Bruchteil für die Einkunftsart verwendet. Der IX. Senat nahm das jetzt zum Anlass für eine Anfrage an den Großen Senat.
Sachverhalt
Der Vermieter zweier Mehrfamilienhäuser bewohnte ein Einfamilienhaus, in dem er ein mit Schreibtisch, Büroschränken, Regalen sowie einem Computer ausgestattetes häusliches Arbeitszimmer nutzte. Für die Verwaltung seiner vermieteten Immobilen hatte er das Arbeitszimmer nachweislich zu 60 % genutzt. Der IX. Senat will der positiven Vorentscheidung des Niedersächsischen FG folgen und die Aufwendungen zeitanteilig aufteilen, weil das Gesetz die nahezu ausschließliche Nutzung nicht verlange. Dagegen haben der VIII. und der die "Arbeitsecke" behandelnde X. Senat die Frage aufgeworfen, ob der Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers nicht eine so gut wie ausschließliche Nutzung impliziere. Der IX. Senat misst der Vorlagefrage grundsätzliche Bedeutung und große Breitenwirkung zu.
Konsequenz
Bis der Große Senat die Entscheidung getroffen hat, ob der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der jeweilige Raum (nahezu) ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird oder die Aufwendungen entsprechend der jeweiligen Nutzung aufgeteilt werden können, sollten alle Verfahren offengehalten und zum Ruhen gebracht werden.
§ 35a EStG: Neues Anwendungsschreiben des BMF
Kernproblem
Die Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und Dienstleistungen sowie Handwerkerleistungen ist Bestandteil fast jeder Einkommensteuererklärung geworden und hat in jüngster Vergangenheit den Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigt. Dabei ging es häufig um die Frage, was eine haushaltsnahe Tätigkeit ist oder wie weit der Haushalt reicht. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hatte zuletzt im Jahr 2010 ein Anwendungsschreiben veröffentlicht, das jetzt komplett überarbeitet wurde und neuere Rechtsprechung des BFH enthält. Im Wesentlichen gibt es folgende Neuerungen:
Heimbewohner ohne eigenen (abgeschlossenen) Haushalt
Begünstigt sind auch Aufwendungen, die wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit sie auf Dienstleistungen entfallen, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind. Das können z. B. Aufwendungen sein für die Raumreinigung oder den Wäscheservice am Unterbringungsort. Das Vorhandensein eines eigenen Haushalts im Heim oder am Ort der dauernden Pflege ist in diesen Fällen nicht erforderlich. Nicht begünstigt sind die Mietzahlungen für die Unterbringung, die Aufwendungen für den Hausmeister, den Gärtner sowie sämtliche Handwerkerleistungen. Nicht mit einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind Pflege- und Betreuungsleistungen.
Heimbewohner mit eigenen Haushalt
Aufwendungen für die Zubereitung von Mahlzeiten in der hauseigenen Küche einer solchen Einrichtung und das Servieren der Speisen in dem zur Gemeinschaftsfläche rechnenden Speisesaal sind ebenfalls als haushaltsnahe Dienstleistungen begünstigt. Nicht begünstigt ist die Zubereitung von Mahlzeiten außer Haus einschließlich der Anlieferung, wie z. B. bei "Essen auf Rädern".
Abgrenzung zum nicht begünstigten Neubau
Wesentliches Merkmal ist, ob die jeweilige Maßnahme in einem vorhandenen Haushalt durchgeführt wird. Auf die ertragsteuerliche Einordnung als Erhaltungs- oder Herstellungsaufwand kommt es nicht an. Maßnahmen im Zusammenhang mit neuer Wohn- bzw. Nutzflächenschaffung in einem vorhandenen Haushalt sind daher begünstigt. Das gilt auch dann, wenn der Gebrauchswert der Immobilie dadurch erhöht wird. Nicht begünstigt sind alle Neubaumaßnahmen, die im Zusammenhang mit der Errichtung eines Haushalts bis zu dessen Fertigstellung anfallen. Eine beispielhafte Aufzählung enthält Anlage 1 zu dem neuen Anwendungsschreiben.
Gutachtertätigkeit
Die Tätigkeit eines Gutachters gehört weder zu den haushaltsnahen Dienstleistungen, noch handelt es sich um eine Handwerkerleistung. Das gilt z. B. für Mess- oder Überprüfungsarbeiten, eine Legionellenprüfung, Kontrolle von Aufzügen oder von Blitzschutzanlagen, die Feuerstättenschau des Schornsteinfegers sowie andere technische Prüfdienste. Für die künftig ab 2014 nicht mehr berücksichtigungsfähige Gutachtertätigkeit von Schornsteinfegern (Feuerstättenschau) ist eine Nichtbeanstandungsregelung enthalten. Bis einschließlich 2013 können die Leistungen von Schornsteinfegern insgesamt in einer Summe geltend gemacht werden. Ab 2014 ist aufzuteilen in Kehr- und Prüfungsarbeiten.
Konsequenz
Das BMF-Schreiben ist grundsätzlich in allen offenen Fällen anzuwenden und enthält viele für die Praxis hilfreiche Beispiele. Nichtsdestotrotz ist die Rechtsprechung zu verfolgen, denn es sind noch Revisionsverfahren anhängig (z. B. Straßen- und Gehwegreinigung auf öffentlichem Grundstück oder Müllabfuhr).
Sind Beerdigungskosten naher Angehöriger außergewöhnliche Belastungen?
Kernproblem
Aufwendungen für die Beerdigung eines nahen Angehörigen sind grundsätzlich außergewöhnlich. Der Abzug bei der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastung (agB) verlangt jedoch zusätzlich die Zwangsläufigkeit des Aufwands aus rechtlichen, sittlichen oder tatsächlichen Gründen. Dagegen scheidet ein Abzug der Beerdigungskosten von vornherein aus, wenn sie aus dem Nachlass bestritten werden können. Die Grundsätze dieser ständigen Rechtsprechung sah ein Erbe für seinen Streitfall als nicht erfüllt an, weil er seiner Meinung nach wesentlich mehr aufwendete, als er aus dem Nachlass erhielt. Hierüber musste das Finanzgericht Münster entscheiden.
Sachverhalt
Der spätere Erbe hatte bereits im Jahr 1991 ein Zweifamilienhaus von seinen Eltern erhalten. In einem Übergabevertrag verpflichtete er sich zur Übernahme einer Grundschuld von 85.000 DM, der Einräumung eines Wohnrechts an einer Wohnung des Zweifamilienhauses (Jahreswert 6.430 DM) sowie der Zahlung von 20.000 DM nach Übergabe. Daneben sollten die Eltern versorgt und nach deren Tod die Kosten der Beerdigung und Instandhaltung der Grabstätte übernommen werden. Nach dem Tod des letztversterbenden Elternteils sollten die beiden Geschwister mit jeweils 20.000 DM gegen Erb- und Pflichtteilsverzicht abgefunden werden. Entsprechendes wurde in einem Erbvertrag vereinbart, wobei den Geschwistern das komplette Spar-, Bar- und bewegliche Vermögen als Vermächtnis zustand. Im Jahr 2010 trat der Erbfall ein. Die aufgewendeten Beerdigungskosten machte der Erbe als außergewöhnliche Belastungen geltend und sah diese als zwangsläufig an, weil er den Wert des unter Einräumung des Wohnrechts erhaltenen Zweifamilienhauses als wesentlich niedriger ansah, als seine Abstandszahlungen, für die er Kredite aufnehmen musste. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab.
Entscheidung
Das FG Münster hat nicht zu einer Fortentwicklung des Rechts beigetragen und die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte man aus, dass die Verpflichtung zur Übernahme der Beerdigungskosten keine persönliche Verpflichtung des Erben, sondern eine Nachlassverbindlichkeit darstelle. Wenn der Erbe die Erbschaft annehme, so beruhe die Verpflichtung auf einem von ihm selbst gesetzten Rechtsgrund und sei deshalb nicht zwangsläufig. Zudem stand nach Überzeugung des Gerichts fest, dass der Erbe mit dem Zweifamilienhaus einen Gegenwert erhalten hatte, der über den gesamten Verpflichtungen aus dem Übergabevertrag lag, denn ansonsten wäre der Vertrag nicht oder nicht mit dem Inhalt geschlossen worden. Somit schied der Abzug selbst bei einer weiteren Verpflichtung aus sittlichen Gründen als außergewöhnliche Belastung von vornherein aus.
Konsequenz
Eine Nichtzulassungsbeschwerde des Erben wurde durch den BFH zurückgewiesen. Das Urteil ist damit rechtskräftig und deckt sich mit der bisherigen Rechtsprechung.
Kosten eines Verwaltungsrechtsstreits sind absetzbar
Kernaussage
Das Finanzgericht Münster hat in einem aktuell veröffentlichten Urteil entschieden, dass auch Aufwendungen für einen verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit bei der Steuerveranlagung als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erfolgt und aus Sicht eines verständigen Dritten Aussicht auf Erfolg bietet. Das Finanzgericht hat damit die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu den Kosten eines Zivilverfahrens auf die Aufwendungen für ein Verwaltungsgerichtsverfahren übertragen.
Sachverhalt
Die Kläger waren ursprünglich gerichtlich gegen eine ihrem Nachbarn erteilte Baugenehmigung vorgegangen, die sie für rechtswidrig hielten. Das Verwaltungsgericht teilte diese Auffassung, das Oberverwaltungsgericht war jedoch anderer Meinung. Das hiergegen vor dem Bundesverwaltungsgericht geführte Klageverfahren verloren die Kläger ebenfalls. Sie mussten daher sämtliche Verfahrenskosten (Rechtsanwalts- und Gerichtskosten) in Höhe von rund 17.500 EUR tragen. Diese Aufwendungen machten sie als außergewöhnliche Belastungen in ihrer Einkommensteuererklärung für 2010 geltend. Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung ab. Hiergegen wandten sich die Kläger und bekamen Recht.
Entscheidung
Die Aufwendungen der Kläger für das verwaltungsgerichtliche Verfahren seien – so die Finanzrichter – als zwangsläufig im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 33 EStG) anzusehen. Dass die Kläger zur Durchsetzung ihrer Auffassung gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen hätten, sei nicht mutwillig gewesen. Ihre Klage habe, wie die erstinstanzliche Entscheidung zeige, auch Aussicht auf Erfolg gehabt. Das Finanzgericht stellte zu dem noch klar, dass die im Jahr 2013 geschaffene gesetzliche Neuregelung des § 33 Abs. 2 EStG, nach der Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreites weitestgehend vom Abzug ausgeschlossen werden, im Streitfall keine Anwendung fand.
Konsequenz
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Finanzgericht die Revision zum BFH zugelassen.
Haftung eines Wirtschaftsprüfers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern
Kernaussage
Experten (hier: Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer) haften für unrichtige Gutachten und Testate bei besonders schwerwiegender Verletzung der den Experten treffenden Sorgfaltspflichten. Ebenso kann eine Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern durch irreführende Äußerungen über die Werthaltigkeit von Beteiligungen bei Vorträgen und Veranstaltungen mit Vertriebsmitarbeitern begründet sein.
Sachverhalt
Eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft wurde gemeinsam mit ihrem Geschäftsführer, einem Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer, wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern in Anspruch genommen. Die Kläger hatten sich als atypisch stille Gesellschafter an 2 Aktiengesellschaften beteiligt, die zu einer Unternehmensgruppe gehörten, für die die Beklagten die Jahresabschlüsse prüften. Im Jahr 2005 gerieten die Gesellschaften in Insolvenz. Die Kläger stützen ihre Schadensersatzforderungen auf inhaltlich falsche Behauptungen des Rechtsanwalts auf Seminarveranstaltungen vor Vertriebsmitarbeitern, wonach die Unternehmensgruppe über eine exzellente Eigenkapitalausstattung verfüge und ihre Aktien als "Blue Chips" einzuordnen seien.
Entscheidung
Die Beklagten haften den Klägern aus vorsätzlich sittenwidriger Schädigung. Das Verhalten des Rechtsanwalts und Wirtschaftsprüfers, der durch seinen Beruf ein besonderes Vertrauen beanspruchte, ist als leichtfertig und gewissenlos einzustufen. Er stellte sich mit seinem Expertenstatus in den Dienst der von ihm geprüften kapitalsuchenden Unternehmensgruppe und lieferte den Vertriebsmitarbeitern irreführende Verkaufsargumente. Dadurch setzte er sich rücksichtslos über die potentiellen Anlegerinteressen hinweg. In den Fällen der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung muss sich der Anleger von einer "ungewollten" Verpflichtung wieder befreien können.
Konsequenz
Das Urteil stärkt den Schutz der Anleger, die sich auf ein hohes Maß an zutreffender und vollständiger Information im Vorfeld einer Anlageentscheidung verlassen dürfen. Für den Fall, dass ein Experte nachlässig oder gar durch Angaben ins Blaue hinein Auskünfte erteilt, sind wirkungsvolle Sanktionen gegeben.
Teilnahme an Schiffskreuzfahrt: Bewertung des geldwerten Vorteils
Kernproblem
Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Einnahmen in Form von Sachbezügen, sind diese mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Viele Sachbezüge werden pauschal bewertet und bereits vom Gesetz vorgegeben (zum Beispiel PKW mit der 1 %-Regel oder Mahlzeitengewährung), andere wiederum sind individuell zu ermitteln und streitbefangen. So auch bei dem Mitarbeiter einer Reederei, der vergünstigte Kreuzfahrten unternahm und mit dem Finanzamt nicht auf einen Nenner kam.
Sachverhalt
Der Angestellte einer Reederei erhielt kostenlose beziehungsweise stark verbilligte Reisen auf den zur Unternehmensgruppe gehörigen oder bereederten Schiffen. Das Finanzamt ermittelte in einem Steuerstrafverfahren insgesamt Sachbezüge von 56.375 EUR für 5 Kreuzfahrten, die der Angestellte und seine Lebenspartnerin unternahmen. Die Bewertung erfolgte mit 96 % des Katalogpreises. Im Einspruchsverfahren konnte der Angestellte einen Abschlag von 30 % erstreiten, weil die Reisen seiner Auffassung nach beruflich mit veranlasst waren und im Übrigen nur unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit nach Verwertung der Restplätze als Last-Minute-Kontingent zur Verfügung standen. Darüber hinaus waren weitere Einschränkungen in Kauf zu nehmen, zum Beispiel bezüglich der Auswahl des Bordrestaurants und der Teilnahme an Ausflügen und Fitnessprogrammen. Der beantragte Rabattfreibetrag von 1.080 EUR wurde verwehrt, weil der Arbeitgeber nicht der Reiseveranstalter war. Der Reedereimitarbeiter zog vor das Finanzgericht (FG) in Schleswig-Holstein.
Entscheidung
Das FG ist den Argumenten des Klägers zum Teil gefolgt und hat im Ergebnis einen Abschlag von 60 % des Katalogpreises gewährt. Entscheidend für den Bewertungszeitpunkt war nach Auffassung des Gerichts der Zeitpunkt kurz vor oder zum Reiseantritt, denn bis dahin habe die tatsächliche Unsicherheit der kurzfristigen Absage bestanden. Der Wert der Reiseleistung sei zu schätzen, da sie nicht den Katalogleistungen entsprochen habe. Neben den bewertungsbeeinflussenden Faktoren im Vergleich zu den normal zahlenden Gästen sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Mitarbeiterreisen als Teil einer Restplatzverwertung gesehen werden müssten. Den Rabattfreibetrag gewährte aber auch das FG nicht, weil die Reiseleistung vom Reiseveranstalter und nicht der Reederei erbracht wurde.
Konsequenz
Die Revision wurde nicht zugelassen. Der Fall zeigt die mögliche Bandbreite eines Sachbezugs auf. Schätzungen des Finanzamts sollten nicht ohne weiteres hingenommen werden. Das gilt erst recht, wenn es sich - wie hier - um ein Strafverfahren handelt. Das Finanzamt konnte wegen leichtfertiger Steuerverkürzung 5 Jahre zurückgehen.